Es kommt nicht von ungefähr, dass die einen von Asozialen Medien reden, wenn es um SocialMedia geht und die anderem die Abkürzung „SM“ dafür nutzen. Wenn man in der Welt der sozialen Medien aktiv ist, gibt es Spielregeln, die man wissen sollte.
So hinterfragten beispielsweise 2021 entsprechend dem Motto #ALLESDICHTMACHEN im Netz einige von Deutschlands bekanntesten SchauspielerInnen mit Ironie, Witz und Sarkasmus die Corona-Politik der Bundesregierung. Unter dem Hashtag #ALLESAUFEINENTISCH legten manche von ihnen auf der YouTube-Plattform Videos ab, mit Interviews über Themen, die nach ihrer Auffassung in der Coronakrise zu kurz gekommen waren. Darüber hinaus wurde die Bundessprecherin der Grünen Jugend für Tweets angegriffen, die sie im Alter von 13 Jahren geschrieben hatte. – Der Reihe nach:
Den #ALLESAUFEINENTISCH-Mitwirkenden kamen innerhalb kürzester Zeit mehrere Statements auf YouTube abhanden, denn die Video-Plattform hatte den Künstlern und Künstlerinnen mitgeteilt, deren Videos hätten (Zitat) „gegen unsere Richtlinien zu medizinischen Fehlinformationen verstoßen“. Die InitiatorInnen gingen daraufhin gegen YouTube vor und beklagten, dass sie mit Hilfe ihrer Statements versuchen würden, „mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Das ist Demokratie. Unsere Stimmen auszulöschen, ist das traurige Gegenteil davon.“ – Stimmt zwar, aber YouTube ist weder eine karitative Einrichtung, noch Teil des Staatswesens, welcher bindend dem Grundgesetz verpflichtet wäre. Also kann, darf und hat YouTube von seinem digitalen Hausrecht Gebrauch gemacht und Meinungen ausgesperrt.
Sarah-Lee Heinrich wiederum, so heißt die junge Grüne, ist erschüttert, denn auch für sie gibt es kein Recht darauf, in sozialen Netzwerken fair behandelt zu werden. Nur waren es diesmal nicht die Institutionen YouTube / Twitter / Faceboolk & Co. selbst, die unfair agierten, sondern der Shitstorm aufgeregter Mitmenschen, sich zwar sich selbst verbal oft vergessen, aber nicht das, was Heinrich als pubertierender Teenager schrieb. Selbst Deutschlands erster Bundeskanzler mit dem berühmten Satz „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ wurde dabei ignoriert, was auch kein Wunder ist, denn im Grunde sind es mitunter unsoziale Netzwerke, in denen Menschen anderen Menschen vorwerfen, etwas geschrieben zu haben, was „gar nicht geht“. Denn wir sind im Jahre 2022 in einer Zeit, in der sich unsere Gesellschaft zu einer dauererregten Empörungsgemeinschaft gewandelt hat, die von wenigen Profilneurotikern angeführt wird.
Um diesen Profilneurotikern nicht auch noch ohne Not in die Hand zu spielen, gibt es weitere Spielregeln, die beherzigt werden sollten, will man sich nicht binnen Stunden zum „So-lacht-das-Netz-über-mich“-Vollpfosten machen. Eine dieser Regeln lautet: Auf gar keinen Fall ein weißes Schild in irgendwelche Handys oder Kameras halten, denn Photoshop ist in den Sozialen Medien als Bildbearbeitungsprogramm eine Waffe. Das SM-Schild ist nämlich kein Schutz-Schild für die Person, die es hochgehalten hat – ganz im Gegenteil: sekundenschnell versehen es Spaßvögel ebenso wie Trolle mit einer neuen Beschriftung und was gerade noch nach einer Super-Selbstdarstellung aussah, wird zum Kontrollverlust über die eigene Botschaft. Armin Laschet kann ein Lied davon singen.

Aber was Soyeon Schröder-Kim, die fünfte Ehefrau des Alt-Kanzlers, auf Instagram veröffentlichte, als sie mit ihrem Mann nach Moskau reiste, als der wiederum den russischen Präsidenten fragte: „Sag mal Wladimir, hast Du mich die ganzen Jahre verarscht?“ oder so ähnlich, spielt dann noch einmal in einer ganz eigenen Liga. In einem Hotelzimmer steht SSK ebenso gut geschminkt wie gekleidet mit zum Gebet gefalteten Händen und geschlossenen Augen am Fenster, während im Hintergrund der Rote Platz mit dem Kreml zu sehen ist. Kommentar oder Erklärung: Fehlanzeige. Die Satire-Zeitschift TITANIC musste angesichts dieser Inszenierung neidlos zugestehen, nun sei der Punkt erreicht, wo man so etwas nicht mehr parodieren könne. Möglicherweise ist es Frau Schröder-Kim auch völlig egal, was man anderswo im Internet über sie denkt und schreibt. Wenn nicht, muss sie wohl darauf hoffen, dass irgendjemand irgendwann etwas noch Bizarreres postet. Bis dahin hilft vielleicht tatsächlich nur noch beten.
Überhaupt sollte der / die fingermäßig toptrainierte SM-NutzerIn, bevor das nächste Posting in Rekordzeit online gebracht wird, einmal kurz darüber nachzudenken, dass es, selbst wenn sie / er es, weil es dann doch nicht die ganz große und gute Idee war, in ebenso rekordverdächtiger Zeit wieder gelöscht hat, niemals ganz in den ewigen Schaltkreisen verschwindet. Merke: Irgendjemand hat wahrscheinlich sofort einen Screenshot davon gefertigt und stellt diesen hurtig der ganzen Welt online zur Verfügung.
Weiter gilt es in der Welt Sozialer Netzwerke zu beachten:
1.) Weniger ist oft mehr: Stories über exquisites Essen, wilde Partys, Markenklamotten und Urlaube in entlegenen Destinationen inklusive Duckface und Sonnenuntergängen kommen gelegentlich gar nicht so toll an oder gehen anderen Menschen auf die Nerven.
2.) Augen gibt es überall: Ach ist das schön auf Messengern wie WhatsApp. Da vergisst man / frau leicht dass es auch dort selten wirklich ganz privat zugeht. Bildern, wie mit Freunden ein entspannter Netflix-Abend gefeiert wird (inklusive des „echten“ Bauchs, der sonst für Fotos stets eingezogen bleibt) oder solchen in gewagen Klamotten, genügt die „Weiterleiten“-Funktion, und sie landen auch schon mal ganz woanders. Ebenso gehören freizügige Pics, derbe Aussagen und provokante Meinungen nicht in WhatsApp und Co. – liebesblinde Männer wie Frauen oder die AfD können ein Lied davon singen.
3.) Teilen sollte man nur das Brot: Du bekommst einen Foto-Kommentar oder ein lustiges Video zugeschickt. Super!!! DAS muss sofort weitergeleitet werden, möglichst noch an eine Menge Freunde oder Follower. Aber darf man das? Klar, ist doch lustig – oder? Erstens ist Humor individuell unterschiedlich und kann andere ganz schön verletzen. Zweitens gibt es das Urheberrecht und da sollte man stets die Rechte an Fotos oder Personenaufnahmen besitzen, bevor man sie reflexartig verbreitet. Also: Damit der Mensch nicht weiter leidet, wenn er etwas weiterleitet lieber noch mal kurz nachdenken, denn „Follower“ leitet sich von „Verfolger“ ab.
Geschrieben von und © 2022 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining