SCHALTER IM KOPF? (3) | Kontrollverlust erfindet Muster und Strukturen

Im Rahmen seiner „Gehirnmanagement Live“-Seminare, Verwaltungstrainings und Coachings hat Rainer W. Sauer seit den 2000er-Jahren – basierend auf aktuellen Erkenntnissen aus Hirnforschung, Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften – die Grundlagen für sein Buch „SCHALTER IM KOPF? “ erarbeitet, wobei er die Forschungsergebnisse stets mit Beispielen aus dem täglichen Leben oder der Verwaltungsarbeit kombiniert. Er erklärt u.a. anhand praktischer Übungen sowie der von ihm entwickelten „Sch.i.K.“-Methode, wie wir unser Gehirn so umprogrammieren können, dass wir lernen mit Stress und Belastungen umzugehen, Angst und Ärger zu umgehen, das Selbstvertrauen zu stärken und die Motivation zu erhöhen. Das man dadurch am Ende auch noch zu besseren Lernergebnissen kommen kann ist ein weiterer positiver Effekt.


Um die Bedeutung eines Kontrollverlustes verstehen zu können, muss man wissen, dass Kontrolle Macht und Sicherheit bedeutet, Abläufe oder Dinge nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu können. Je stärker einen Menschen das Gefühl beschleicht, dass ihm die Kontrolle über ein Projekt, das Umfeld oder das eigene Leben verloren geht, umso intensiver sucht sein Gehirn nach Mustern und Strukturen, die Ordnung suggerieren. Ist die Verzweiflung groß, werden manchmal sogar welche erfunden, wie 2008 amerikanische Psychologinnen und Psychologen um Jennifer Whitson und Adam Galinsky von der University of Texas in Austin anhand einer Untersuchung belegt haben. Kontrolle schützte eine Person davor, Muster zu erkennen, die nicht vorhanden sind oder an nicht-existente Verschwörungen zu glauben und Aberglauben zu entwickeln, so die WissenschaftlerInnen. Natürlich ist Aberglaube in unserer Welt weit verbreitet, fängt bei Horoskopen an (… ich bin beispielsweise Schütze mit dem Aszendenten Waage …) und hört bei außerirdischen Flugobjekten auf.

In ihren Experimenten raubten sie einigen Mitgliedern einer Gruppe dadurch die Kontrolle über Abläufe unter anderem dadurch, dass sie bei einem Computertest deren Antworten auf Testfragen per Zufallsgenerator willkürlich als „richtig“ oder „falsch“ einstuften. Diese und andere Manipulationen verunsicherten die TestteilnehmerInnen naturgemäß stark. In einem nachgeschobenen Test untersuchten die WissenschaftlerInnen, wie die betroffenen Probanden sog. „Schneebilder“ interpretierten – Illustrationen, die ein zufälliges Gewirr schwarzweißer Strukuren enthielten. Die Frage an die Probanden lautete: „Ist auf den Bildern vielleicht ein blasses, unscheinbares Objekt unter dem schwarz-weißen Muster verborgen?“ Es zeigte sich, dass TeilnehmerInnen aus der verunsicherten Gruppe wesentlich öfter Muster im Chaos erkannten.

Ein weiterer Test schloss sich an, bei dem alle Probanden Situationen zu kommentiern und bewerten hatten, in denen vermeintlich Übersinnliches vorgefallen sei. Beispielsweise war zu entscheiden, wie und ob ein Marketingleiter tatsächlich mehr Erfolg haben könnten, wenn er vor wichtigen Besprechungen dreimal auf Holz klopft. Der Mann habe behauptet, so wurde den TeilnehmerInnen berichtet, dass es an einem Tag, an dem er das Ritual vergessen hatte, deutlich schlechter gelaufen wäre und seine Ideen verworfen worden seien. Hierbei zeigte sich, dass die Probanden mit der manipulierten Computertestauswertung nach ihrer vorherigen unmittelbaren Erfahrung eines Kontrollverlusts deutlich abergläubischer reagieren als andere. Und es seien durch sie häufiger Zusammenhänge hergestellt, die gar nicht existierten, so das Untersuchungsergebnis.

Eine per Fragebogen initiierte Befragung einige Zeit nach dem Computertest erwies sich als besonders interessant. Whitson und Galinsky „beichteten“ hierbei nicht, dass man die Probanden zuvor manipuliert hatte. Ihnen wurde aber aufgetragen, sich an eine Situation zu erinnern, in der diese Kontrolle über irgend etwas verloren hatten und wie dies später überwunden wurde. Anschließend mussten alle nochmals „Schneebilder“ kommentieren und vermeintlich übersinnliche SItuationen einschätzen. Ergebnis: Nun sahen auch diejenigen Probanden mit der beim Computertest verunsichernden Erfahrung nur noch ähnlich viele Muster wie die Mitglieder der manipulationsfreien Gruppe und waren weit weniger abergläubisch wie zuvor.

Geschrieben von und © 2019 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining

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