Im Rahmen seiner „Gehirnmanagement Live“-Seminare, Verwaltungstrainings und Coachings hat Rainer W. Sauer seit den 2000er-Jahren – basierend auf aktuellen Erkenntnissen aus Hirnforschung, Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften – die Grundlagen für sein Buch „SCHALTER IM KOPF? “ erarbeitet, wobei er die Forschungsergebnisse stets mit Beispielen aus dem täglichen Leben oder der Verwaltungsarbeit kombiniert. Er erklärt u.a. anhand praktischer Übungen sowie der von ihm entwickelten „Sch.i.K.“-Methode, wie wir unser Gehirn so umprogrammieren können, dass wir lernen mit Stress und Belastungen umzugehen, Angst und Ärger zu umgehen, das Selbstvertrauen zu stärken und die Motivation zu erhöhen. Das man dadurch am Ende auch noch zu besseren Lernergebnissen kommen kann, ist ein weiterer positiver Effekt.
„Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden.“ (Sören Kierkegaard)
Es folgt ein weitere Ausschnitt aus meinem Impuls-Vortrag „NEXT LEVEL VERWALTUNG – Herausforderungen und Ziele“ vom 22.02.2022:
Wir müssen umdenken, müssen unsere Schalter im Kopf nutzen. Um mir den Begriff „Algorithmus“ zu merken, stellte ich mir als junger Mensch im Geiste eine Verbindung zu einem „Rhythmus“ her, also einen relativ regelmäßigen Ablauf. Heute kann ich sagen: gerade weil das grundverkehrt ist, konnte ich Umdenken und mir später die Unterschied merken. Denn unter einem Algorithmus versteht man ein schrittweises, zu einem Ziel führendes Verfahren durch ein spezielles Regelwerk. Ein Beispiel: Die bekannteste Form eines Algorithmus sind wohl Kochrezepte, aber auch Gebrauchsanweisungen sind algorithmisch aufgebaut.
Ohne Algorithmen sind heutzutage weder Künstliche Intelligenzen noch der Umgang mit Big Data denkbar, denn solche Ablaufroutinen geben Aufgaben oider Problemlösungen Struktur, angefangen beim alphabetischen Sortieren einer Menge von Wörtern bis hin zur Steuerung eines autonom fahrenden Automobils durch Künstliche Intelligenz (KI). In der beschreiben das Auswerten von großen Datenmengen durch intelligente Algorithmen. Beispiele sind selbstfahrende Autos, autonome Robotersysteme, medizinische Diagnosesysteme oder das Internet der Dinge. Im Zeitalter der Digitalisierung entscheidet die Qualität der Algorithmen darüber, wie gut ein technisches Produkt oder eine digitale Dienstleistung funktioniert.
Elon Musk, mit seinen Tesla Automobilen und der Entwicklung von Robotern mit der Notwendigkeit von Algorithmen bestens vertraut und bekannt dafür, dass er niemals ein Blatt vor den Mund nimmt, sagte 2019, dass KI zukünftig viele Arbeitsplätze bedeutungslos machen wird. Auf der WAIC, der Welt-KI-Konferenz in Shanghai erklärte er aber auch, am wenigsten gefährdet seien Menschen, die KI-Software programmieren können. Noch dazu würden sie auch am besten bezahlt werden, so Musk, der jungen Menschen deshalb dazu riet, Ingenieurwissenschaften zu studieren.
Roboter treten in der Arbeitswelt bereits heute als Konkurrent, Kollege und gelegentlich sogar als Chef auf. Industrieroboter verdrängen Fabrikarbeiter, Finanzberater werden von Algorithmen unterstützt, und die KI findet sich auch schon einmal in Chefetagen – heißt: Maschinen ersetzen längst nicht mehr nur Muskelkraft, sondern übernehmen immer mehr Funktionen des menschlichen Gehirns, wobei noch unklar ist, ob man von einer Revolution oder von einer Evolution am Arbeitsmarkt auszugehen hat. Prof. Paul E. M. Phillips von der University of Washington in Seattle berichtete im britischen Fachjournal „Nature“ im Zuge der Diskussion über Big Data und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen darüber, dass Algorithmen zunehmend in den Blick unserer Aufmerksamkeit rücken. So sollen beispielsweise intelligente Systeme helfen, die Patientenversorgung zu verbessern und das Gesundheitssystem deutlich effizienter zu gestalten, etwa durch die Unterstützung von Diagnose- und Therapieentscheidungen.
Zwar können immer anspruchsvollere Tätigkeiten durch Algorithmen automatisiert werden, jedoch muss das Unternehmen oder die Verwaltung zunächst in der Lage sein, die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Im Beispiel aus dem Gesundheitswesen heisst dies, dass Jobs vorerst nicht wegrationalisiert werden; häufig verändert sich durch den Einsatzvon KI erst einfach nur der Aufgabenbereich der Menschen. Etwa dann, wenn der Labor-Roboter einfache Tätigkeiten ausführt, haben Mitarbeitenden mehr Zeit um Tests durchzuführen. Zudem muss die Maschine überwacht werden. Und zur Berechnung von Ergebnissen benötigt die KI stets spezifische Informationen, weshalb für den abstrakten Algorithmus zuvor eine konkrete Handlungsanweisung formuliert werden muss.
Das heißt aber auch: wie schon seit Jahrzehnten von der Automatisierung besonders Routinetätigkeiten betroffen. Waren es zum Ende des 20. Jahrhunderts in den 1990er-Jahren etwa die Schreibbüros, die verloren gingen, und Anfang des 21. Jahrhunderts die Telefonzentralen, die durch Call-Center ersetzt wurden, so sind es heute buchhalterische Arbeitsplätze; weniger gefährdet sind dagegen Aufgaben, die Sozialkompetenz beinhalten oder auf Kreativität und Intuitionaufbauen, denn diese lassen sich nicht so einfach in Algorithmen fassen.
Um noch einmal mit Elon Musk zu argumentieren: im Zuge des fortschrittlichen Umbruchs wandeln sich auch die Anforderungen an die Qualifikation aller Arbeitskräfte. Das hat auch Auswirkungen auf das Bildungssystem, denn es muss dort vor allem auf Kompetenzen wie Flexibilität im Denken, kritisches Hinterfragen und die Selbständigkeit von Entscheidungen hingewirkt werden. Klar ist, dass seit der Industriellen Revolution in 19. Jahrhundert Strukturwandel bisher immer Gewinner und Verlierer hervorgebracht hat und teilweise zu schmerzhaften Übergängen führte. So wird es auch im aktuellen Kontext sein. Es hat sich aber gezeigt, dass jeweils stets sowohl der gesamtwirtschaftliche Wohlstand gestiegen ist und es zugleich neue Modelle der sozialen Absicherung gab.
Als ich 1958 geboren wurde, hätten meine Eltern nie gedacht, dass ich 40 Jahre später in einer Verwaltung in der ehemaligen DDR arbeiten würde. Ebenso schwierig ist es, sich vorzustellen, welche neuartigen Berufe es heute in 40 Jahren geben wird oder an welchem Ort ein Mensch dann arbeiten wird. Und wer meine Gedanken über „NEXT LEVEL VERWALTUNG“ in späteren Jahrzehnten lesen wird, schüttelt wohl den Kopf darüber, denn die Zukunft entwickelt sich meist anders als gedacht. Doch Menschen und nicht Maschinen haben es in der Hand, das Bildungssystem für die Zukunft fit zu machen und neue Wege zu finden, um die Arbeitswelten von morgen zu gestalten. Und ob die Spezialisierung auf nur eine einzige Ausbildung dann für ein ganzes Berufsleben ausreichen wird, scheint mir aus heutiger SIcht mehr als zweifelhaft.