ENERGIE AUFTANKEN IM SCHLAF (1/2) | Die Vor- und Nachteile eines Nickerchens

Unser Schlaf – ein tägliches Lebensereignis, das zugleich mit vielen positiven wie negativen Assoziationen verbunden ist. Schlafen ist essentiell für unsere Regeneration und Probleme mit dem erholsamen Schlaf (der idealerweise acht Stunden pro Nacht dauern sollte) führen dazu, dass wir uns Gedanken um unser Wohlbefinden machen.

Ungefähr die Hälfte der Deutschen schläft schlecht, wacht immer wieder mitten in der Nacht auf und fühlt sich dann tagsüber müde. Was lässt sich dagegen tun? Gibt es ein Gegenmittel, vielleicht ein Nickerchen, also einen kurzen Schlaf während des Tages? Der Schlafforscher und Chronobiologie Prof. Jürgen Zulley, Autor verschiedenster Fachbücher (u.a. „Mein Buch vom guten Schlaf“), ist der festen Überzeugung, dass Selbsthilfe oft die wirksamste Medizin ist, hat aber auch auf Anzeichen hingewiesen, bei denen Betroffene zum Arzt gehen sollten.

Aus Berichten, Erzählungen oder persönlichem Erleben wissen wir, dass in manchen Ländern die sog. Mittagsschläfchen üblich sind, an die unsere Kinder ja bereits in den Kindertagesstättten gewöhnt werden. Ein Nickerchen soll nicht nur gesund sein, so die landläufige Meinung, darüber hinaus kann es sogar die Produktivität ankurbeln. Während in Japan Inemuri gepflegt wird und in hispanischen Ländern die Siesta Tradition hat, ist bei uns ein kleines Tag-Schläfchen „auf Arbeit“ kaum verbreitet; im Büro herrscht hierzu sogar überwiegend Unverständnis.

Inemuri setzt sich aus den Iru (für „anwesend sein“) und Nemuri (für den „Schlaf“) zusammen, meint also in etwa „anwesend sein schlafen“. Es bezieht dabei aber verschiedene Eigenschaften ein, etwa in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause trotz des leichten Schlafs aufmerksam zu sein, damit man nicht die Station zum Aussteigen verpasst. In Spanien, Mexiko oder Portugal hat dagegen die meist dem Mittagsmahl folgende Siesta einen anderen Sinn und hauptsächlich etwas mit den Temperaturen in diesen wärmeren Ländern zu tun. Der Begriff geht auf die „sexta hora“ zurück, die sechste Stunde nach Sonnenaufgang, also die besonders heiße Tageszeit, in der Arbeit allgemein und Tätigkeiten im Freien im Speziellen recht anstrengend sind. Deshalb geht man früh auf Arbeit und erst am späten Nachmittag oder frühen Abend nach Hause – der fehlende Schlaf wird daher tagsüber nachgeholt.

Nun verschreckten chinesische Autoren Freunde des Inemuri, der Siesta oder des Nickerchens mit einer Anfang der 2020er Jahre im Fachblatt „Hypertension“ veröffentlichten Studie, die sie anhand von Daten aus Großbritannien erstellt hatten, mit der Feststellung: wer regelmäßig tagsüber ein kurzes Schläfchen einlege, erhöhe dadurch esein Risiko für Bluthochdruck und Schlaganfall. Laut der Studie ergebe das häufige Schlafen am Tage bei Erwachsenen eine um zwölf Prozent höhere Möglichkeit zur Entwicklung von Bluthochdruck und führe gar zu einer knapp 25 Prozent höheren Gefährdung, einen Schlaganfall zu erleiden, jednefalls verglichen mit Menschen, die niemals ein Nickerchen machten.

Schlafforscher wie Prof. Zulley von der Universität Regensburg sind jedoch der Meinung, dass vermutlich nicht der Mittagsschlaf an sich schädlich sei, sondern viele Menschen sich tagsüber deshalb kurz „aufs Ohr“ legen würden, weil sie nachts unter Schlafmangel litten. Zulleys Feststellungen nach gehe schlechter Nachtschlaf mit einer schlechteren Gesundheit einher und ein Nickerchen reiche da kaum aus, um dieses Gesundheitsdefizit auszugleichen. Mann kann also festhalten, dass es wohl keinen Grund gibt, das Nickerchen generell zu verteufeln.

Einer französischen Studie nach, kann Power-Napping (wie das Ganze in den USA genannt wird) durchaus die Kreativität steigern und griechische ForscherInnen kamen zu der Auffassung, dass eine halbe Stunde Mittagsschlaf sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen könnte. Um das Ganze abzurunden sei auch noch auf diese US-Studie, hingewiesen, die anhand – und hier schließt sich der Kreis zum Fachblatt „Hypertension“ – von Daten aus der chinesischen Region Jintan zu dem Schluss kommt, dass insbesondere jüngere Menschen vom Schläfchen am Tage profitieren, was Konzentration und Lernverhalten betrifft. Das liege auch daran, dass diese Personengruppe häufig sowieso einen verschobenen Schlafrhythmus habe, so die Wissenschaftler, sprich: sich spät ins Bett legen und trotzdem wegen Schule oder Studium früh aufstehen müssten.

Fazit: Unabhängig davon, was ein kleines Schläfchen tagsüber bewirkt, sollte es 1.) nicht zu spät am Tag begonnen werden und 2.) idealerweise nur 30 bis 50 Minuten andauern, um nicht in die REM-Schlafphase abzugleiten, da man sich hier nach dem Aufwachen höchstwahrscheinlich nicht wirklich erholt fühlen wird. Am Ende sei noch auf einen kleinen Trick hingewiesen, auf den australische Forschende gestoßen sind: Wer vor einem Nickerchen einen Kaffee zu sich nimmt und anschließend den Timer oder Wecker auf 20 Minuten einstellt, der wacht ziemlich genau in dem Moment auf, in dem der Körperkreislauf sich einen Koffein-Boost gönnt. Mehr geht nicht!

Geschrieben und © 2022 von Rainer W. Sauer für CBQ Verwaltungstraining & BRAIN.EVENTS

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