„Wenn man einmal den Tod erlebt hat, wie ich, dann weiss man in Innersten: es gibt gar kein Ende. Man geht immer nur weiter von einem zum nächsten, so wie man weitergeht von der Grundschule zur Oberschule zur Hochschule.“ (Raymond A. Moody)
Ist ein Mensch „klinisch tot“, sein Herz steht still und es zirkuliert kein Blut mehr durch den Körper, arbeitet sein Gehirn trotzdem eine Zeit lang weiter. Erhalten die Organe nicht mehr genügend Sauerstoff und Nährstoffe wie Zucker, kann das Gehirn im Durchschnitt nur rund fünf Minuten ohne Sauerstoff auskommen, bevor Nervenzellen absterben. Passiert dies, dann kommt es zu unumkehrbaren Schäden unerses Denkapparats und schließlich zum Hirntod, zuvor jedoch zu mitunter heftigen Reaktionen des Gehirns.
Wird ein Mensch nach einem Herzstillstand reanimiert, geschieht dies durch heftige Druckbewegungen auf das Herz, um eine manuelle Blutzirkulation zu gewährleisten, sowie Mund-zu-Mund-Beatmung zur Sauersteffzufuhr. Trotzdem erreicht man hierdurch keine gewohnte Funktion des Körpers, sodass man davon ausgehen kann, dann das Gehirn während der Phase des klinischen Todes zu wenig Sauerstoff bekommt, nicht mehr normal funktionieren kann, weshalb neurologische Signale nicht mehr richtig übertragen werden. Die Erfahrungen nach einem überstandenen klinischen Tod lassen sich somit durchaus als Ausdruck einer Hirnfunktionsstörung beschreiben.
Ist der eigene Nahtod schließlich überwunden, berichten Betroffene über Erfahrungen, die oftmals in Metaphern geschildert werden: man habe Gefühle von Geborgenheit und Friedens gespürt, Licht gesehen – vielleicht gar am Ende eines Tunnels, habe eine Zeit lang den Eindruck gehabt, sich außerhalb des eigenen Körpers zu befinden („Out-of-Body-Experience“) oder das eigene Leben sei an einem „wie in einem Film“ noch einmal vorbeigezogen. Ehrlicherweise muss man aber zugeben, dass es solche oder ähnliche Erlebnisse auch im Alltag gibt, etwa bei epileptischen Erkrankungen oder beim Drogengebrauch/-missbrauch. Das belegt, dass verschiedene Dinge im Gehirn die gleichen oder ähnliche Reaktionen auslösen können wie eine Nahtod-Erfahrung.
Religiöse Interpretationen hinter sich lassend geht die Hirnforschung davon aus, dass es grundsätzlich zwei Hypothesen für diese Visionen gibt. Eine davon ist, dass optische Eindrücke im Occipitallappen entstehen, der visuellen Input verarbeitet, auch wenn überhaupt kein Licht im Spiel ist. Außerkörperliche Erfahrungen wiederum dürften im Temporallappen entstehen, da dieser Bereich des Gehirns wichtig für das Selbsterleben des eigenen Körpers und seiner Verortung in der räumlichen Umgebung ist.
Die andere Hypothese bringt bestimmte Botenstoffe ins Spiel, die bei der Stress-Erfahrung des Nahtods Visionen hervorrufen. Welche Botenstoffe das sein sollen, ist immer noch nicht hinreichend geklärt. Wichtig zu wissen ist, dass dann, wenn der Nahtod überstanden ist und wieder genügend Sauerstoff im Gehirn ankommt, die Visionen unmittelbar enden.
Geschrieben und © 2022 von Rainer W. Sauer für CBQ Verwaltungstraining & BRAIN.EVENTS