Letztes Jahr schrieb ich unter dem Titel „REGIERUNGSWECHSEL | Gedanken zu den MinisterInnen des Kabinetts Scholz“ u.a. das Folgende:
»Annalena Baerbock (Bündnisgrüne) ist Außenministerin. Kanzlerin wollte sie werden, was aus den unterschiedlichsten Gründen anders kam. Ohne wirkliche Expertise zog sie als erste Frau ins Auswärtige Amt ein – Baerbock selbst sagt, sie komme „aus dem Völkerrecht“ und versprach im Wahlkampf eine „werteorientierte Außenpolitik“. Dass das (und ob es) in der harten Realität der Außenpolitik als Chefdiplomatin funktioniert, muss sie nun beweisen. In Zeiten von Erdogan, Lukaschenko und Putin gibt es für die 40-Jährige leider keine Probezeit, dafür aber Krisenbewältigung Non-Stop und viele Turbulenzen, die zu einer Bruchlandung führen könnten. Baerbock wird lernen müssen, durchzustarten.«
Meine KORREK-TOUR betriff den Schluss-Satz: Annalena Baerbock musste nicht lernen durchzustarten sondern sie hat es getan – und wie. Sie ist derzeit DAS Gesicht der deutschen Politik, hat sich national und international Respekt verschafft. Man muss sie als Person nicht mögen und kann trotzdem konstatieren: In diesen europäischen Kriegszeiten trifft sie den richtigen Ton. Egal ob sie Zerstörungen in Kiew aufsucht, sich über Kriegsverbrechen im schwer gezeichneten Ort Butscha informiert oder nur wenigw Tage später Gastgeberin beim Treffen mit ihren Amtskolleginnen und -kollegen der G7-Staaten ist.
Mit eindringlichen Worten warnte sie vor den G7-VertreterInnen vor einer weltweiten Ernährungskrise, weil Millionen Tonnen an Getreide die Ukraine nicht verlassen können und die Konsequenzen davon schon in Kürze die Ärmsten der Armen brutal treffen werden. Und dann sprach sie in Richtung Afrika und Naher Osten und sagte: „Deswegen setzen wir heute ein deutliches Signal: Wir sehen Euch, wir hören Euch, wir unterstützen Euch.“ Das brachte ihr sogar Komplimente von der Opposition im Bundestag ein. „Frau Außenministerin, Sie haben gerade die Rede gehalten, die wir von unserem Bundeskanzler erwarten“, sagte etwa ein CDU-Außenpolitiker. Und meinte damit auch die kleinen Statements von Baerbock innerhalb ihrer Reden, wie etwa „Diese Opfer, auch das spürt man hier so eindringlich, diese Opfer könnten wir sein.“ über die Ermordeten von Butscha.
Mein Favorit der Aussagen von Annalena Baerbock entstand aber am Rande der informellen Beratungen der NATO-Außenminister in Berlin. Da sagte sie: „Die NATO ist ein Bündnis, was auf Verteidigung setzt, das wird es auch immer bleiben. Aber es ist auch ein Bündnis der offenen Türen und deswegen heißen wir Finnland und Schweden, wenn sich ihre Parlamente, wenn sich ihre Gesellschaften dafür entscheiden, herzlich willkommen.“ Und angesichts des von Russlands Staatschef Wladimir Putin oft gebrauchten Begriff der „unfreundlichen Staaten“ machte sie klar: „Finnland und Schweden sind nicht nur Partner, sondern auch unsere Freunde.“
Geschrieben von und © 2022 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining