Rainer W. Sauer ist seit 1975 in und mit der Verwaltung tätig. Er zählt zu den erfahrensten Verwaltungstrainern in Deutschland und ist zudem Team- und Individual-Coach. Sauer arbeitet auch als Radiomoderator, Vortrags- bzw. Keynote-Redner, entwickelt mit seinem Team Trainingsmodelle und hat 2020 CBQ Verwaltungstraining gegründet, um Führungskräfte wie Mitarbeitende der Öffentlichen Verwaltung optimal zu trainieren bzw. zu coachen. /// Anhand vielfältiger Praxisbeispiele hilft er in diesem Blog Verwaltungen dabei, Optionen zu entwickeln und diese dann in praxisorientierte Ergebnisse zu wandeln, eigene Stärken auszubauen und sinnvoll zu handeln. Dabei regt er an, keine Ausreden gelten zu lassen, Eigenverantwortung zu übernehmen und lateral zu denken. /// Sein Charisma ist auch über den Äther und im Netz zu erleben: Anfang der 2000er Jahre wurde Rainer W. Sauer für seine Radiosendungen mit mehreren Hörfunkpreisen ausgezeichnet.
„Mensch: ein Lebewesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist er tot.“ (Kurt Tucholsky)
Jorge Luis Borges (* 1899; † 1986) war ein argentinischer Schriftsteller und Bibliothekar, der eine Vielzahl phantastischer Erzählungen und Gedichte verfasste. Michel Foucault und Umberto Eco haben ihm in ihren Werken noch zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt, ebenso Regisseure wie Jean-Luc Godard. In seinem Text „Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte …“* machte sich Borges ein knappes Jahr vor seinem Tode Gedanken über das eigene Leben. Auf einer argentinischen Briefmarke, ein Jahr nach seinem Tode veröffentlicht, steht zu lesen: „Yo, que me figuraba el Paraíso bajo la especie de una biblioteca.“ / „Ich, der ich mir das Paradies unter dem Dach einer Bibliothek vorstellte.“
Gedanken über das eigene Leben im Angesicht des Todes machen sich wahrscheinlich alle Menschen. Doch was genau nimmt das Bewusstsein, was nimmt die Seele den Menschen wahr, wenn es mit dem Leben zu Ende geht? Schaltet sich das Gehirn aus oder „sieht“ man Licht in der Ferne? Stimmt es, dass das Leben noch einmal an einem vorüberzieht? Und was folgt nach dem Tode?
Eine verlässliche Antwort darauf, wass im Moment des Todes oder kurz danach passiert, gibt es nicht. Und dennoch: Der Neurochirurg Ajmal Zemmar von der US-Universität Louisville in Kentucky berichete in einem Artikel für die Zeitschrift „Frontiers in Aging Neuroscience“, wie er in Kanada bei einem 87-jährigen Mann Erkenntnisse gewinnen konnte, die so zuvor nicht möglich waren. Denn die planmäßige Aufzeichnung der Hirnströme des Mannes lief, als dieser urplötzlich verstarb. Zemmar gegenüber dem Magazin STERN: „Wenn wir höhere kognitive Funktionen im Gehirn ausüben, wie etwa Konzentrieren, Träumen, Meditieren, wenn wir uns an etwas erinnern, dann sind das alles Momente, in denen Gamma-Oszillationen im Gehirn aktiv sind.“ Und als Hirnwellenaktivität aufgezeichnet werden können.

Als er im Vancouver General Hospital arbeitete, wurde der 87-jährige Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Der Patient sei gestürzt, hieß es, in seinem Kopf trete Blut aus, und zwar im Raum zwischen der harten Hirnhaut und dem Gehirn. Der Neurochirurg berichtet, wie man den Schädel geöffnet und die Blutung entfernt habe. Dem Mann sei es nach dem Eingriff gut gegangen, aber am dritten Tag nach der Operation bekam er unerwartet epileptische Anfälle, weshalb Zemmar ihn an ein EEG angeschlossen habe, um festzustellen, woher die epileptischen Anfälle kommen und wie man sie am besten behandeln könne.
Doch inmitten der Untersuchung habe der Mann einen Herzstillstand erlitten und sei verstorben. „Das kam alles sehr unerwartet“, erinnerte sich Ajmal Zemmar. „Doch wir hatten eine 900 Sekunden lange Hirnstrom-Aufzeichnung von einem Patienten, der wach war, bevor er innerhalb von wenigen Minuten verstarb.“ Und dieses Elektroenzephalogramm, spreche dafür, „dass das menschliche Gehirn in der Lage dazu sein könnte, während der Nahtodphase koordinierte Aktivitäten zu erzeugen. Wir sahen in den fünfzehn Sekunden vor und in den fünfzehn Sekunden nach dem Herzstillstand eine Erhöhung der Gamma-Oszillation.“
Ob es stimme, wenn Menschen nach einer lebensbedrohlichen Erfahrung von Gesprächen mit Verstorbenen und seltsamen Erlebnissen außerhalb des eigenen Körpers berichten, dazu vermag der Gehirnchirurg nichts zu sagen. Natürlich sei die Vorstellung verlockend, anzunehmen, dass das Gehirn es möglich mache, am definitven Lebensende noch einmal die schönsten Erinnerungen im Leben zu reflektieren – sozusagen als Abschied. Jedenfalls sei das Muster der Hirnströme, „sehr ähnlich zu dem, was wir bei lebenden Menschen sehen“, so Zemmar
Allerdings sei der Befund nur mit Vorsicht zu interpretieren, denn es gebe allein die Daten eines einzigen Menschen, so Zemmar im STERN . Und der hatte kurz vor dem Tode Schwellungen und Wunden an seinem Gehirn und darüber hinaus epileptische Anfälle.
Geschrieben von und © 2022 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining
* = Jorge Luis Borges „Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte …“ (im Original: „Si pudiera vivir nuevamente mi vida …“):
Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. Ich würde nicht so perfekt sein wollen, ich würde mich mehr entspannen. Ich wäre ein bißchen verrückter, als ich gewesen bin und würde viel weniger Dinge so ernst nehmen. Zwar gibt es Niederlagen, die würdevoller sind als ein Sieg, ich habe dennoch den größten Fehler begangen, den ein Mensch machen kann: Ich war nicht glücklich.
Aber wenn ich noch einmal anfangen könnte, würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben. Ich würde nicht so gesund leben, würde mehr riskieren, würde mehr reisen, Sonnenuntergänge betrachten, mehr bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen. Ich war einer dieser klugen Menschen, die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten.
Freilich hatte ich auch Momente der Freude. Falls du es noch nicht weißt, aus diesen besteht nämlich das Leben. Nur aus Augenblicken. Vergiß nicht den jetzigen. Wenn ich noch einmal leben könnte, würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen. Und ich würde mehr mit Kindern spielen, wenn ich das Leben noch vor mir hätte. Aber nun bin ich 85 Jahre alt und weiß, dass ich bald sterben werde.