„If you got the money, I’ve got the time.“ (Lefty Frizzel in seinem gleichnamigen Countrysong)
Es gibt zwei amerikanische Redensarten, die sich in meinem Kopf festgesetzt haben. Eine davon ist „If you got the money, I’ve got the time“ und ich hörte sie 1974, als ich mit meinen Eltern nach der Seilbahnfahrt von Chamonix zum Gipfel des Mont Blanc im Fahrstuhl die letzten Höhenmeter nach oben zur Aussichtsplattform fuhr. Für mich als damals 16-Jähriger war schon die kilometerlange Seilbahnfahrt einzigartig gewesen, quasi als die erste „Flugerfahrung“ meines Lebens und dann hörte ich diesen Satz eines amerikanischen Vaters an seine Tochter: „Wenn du das Geld hast, nehme ich mir die Zeit.“ Das war so eiskalt berechnend gesprochen und trotzdem so wahr, dass es auf mich fast schon cool wirkte.
Die andere Redensart übernahm ich Anfang der 1970er Jahre vom Familien-„Onkel Jimmy“, einem GI und Schwager meines Onkels, der, in Zweibrücken stationiert mitsamt Frau und Kindern oft zu uns zu Besuch kam. Onkel Jimmy brachte uns bei, was Barbecue ist und manchmal brachte er den Erwachsenen auch eine halbe Gallone Kentucky Straight Bourbon Whiskey mit. Und wenn Onkel Jimmy abends über das Leben philosophierte, kam gelegentlich dieser Spruch: „lf you know you know“ (deutsch: „Wenn du das weißt, dann weißt du wie’s läuft.“). Im Umkehrschluss – und das war mir schon 1971 klar, als ich Englisch erstmals so gut verstand, dass ich seine Gespräche mitverfolgen konnte – meint „lf you know you know“ natürlich: wer keine Ahnung wovon-auch-immer hat, der macht sich wahrscheinlich unendlich viele Gedanken über die Sache und kommt trotzdem nie darauf, weshalb etwas nicht funktioniert oder ein Geschäft floppt. Auch diese Redensart war zu mir gekommen, um zu bleiben.
Wie oft fühlen sich Menschen ausgegrenzt, denken sie gehören nicht „dazu“ und das tut weh, denn als Mensch ist man ein Gemeinschaftswesen und leidet, wenn man / frau nicht mehr zu einer Gruppe gehört. Andere bewusst nicht „dazu“ gehören zu lassen, sie hinter einer Grenze zurück zu lassen (denn Im Begriff „Ausgrenzung“ steckt ja das Wort „Grenze“), ist eine Form des Mobbings. Schon in der Schule gibt es Situationen, wenn ein paar SchülerInnen etwas spielen und sie lassen andere MitschülerInnen nicht mitmachen. Vordergründig oft aus einem nachvollziehbaren Grund: vielleicht kann nur eine gerade Zahl an SpielerInnen mitwirken. Möchte man möglichst viele andere mit einbeziehen, dann kann man am Ende des Spiels neue Teams bilden. Wenn dann immer der oder die gleiche Person nicht mitmachen darf, wird ausgegrenzt.
In der Verwaltung, gerade wenn man vom Verwaltungsumbau spricht und Abläufe oder Verantwortlichkeiten neu strukturiert, machen sich viele Beschäftigte Hoffnungen, dass sie „jetzt endlich“ zeigen können, was in ihnen steckt. Wenn sie sich im Neustrukturierungsprozess ausgegrenzt fühlen, hat die Verwaltungsspitze schon verloren. In der Sache und am Menschen – denn Mitarbeitende sind schließlich die wichtigste Ressource, die jede Behörde / Dienststelle / Verwaltung hat. Es mag da gute Gründe geben, dass im konkreten Fall partiell ausgegrenzt wird. Und genau die gilt es zu kommunizieren, denn: „lf you know you know“. Eine gute Begründung für oder gegen eine Entscheidung baut Misstrauen gegenüber dieser Entscheidung ab und fördert den fairen Umgang untereinander. Wenn dies kombiniert werden kann mit einer Berücksichtigung der betreffenden Person, wenn andere Teams neu gebildet werden, dann praktiziert man die Philosophie einer „Fairwaltung“.
Dann macht auch der Denkansatz hinter „If you got the money, I’ve got the time“ Sinn, nämlich: „Wenn sie mit ihren Fähigkeiten in mein Team / eines meiner Teams passen, dann machen wir das so.“ Auch das ist Inklusion statt Exklusion. Denken Sie einmal darüber nach – Inklusion ist keine Sache, bei der es allein um Menschen mit Behinderungen, einer bestimmen Hautfarbe, Religionsgruppe oder eines bestimmten Geschlechts geht. Es gibt im Verwaltungsleben so viel mehr Situationen, in denen einbeziehen statt ausgrenzen wichtig ist.
Geschrieben von und © 2022 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining