„Den guten Lotsen erkennt man an der ruhigen Hand und nicht an der lautesten Stimme.“ (Hans-Dietrich Genscher)
Die Zuammenarbeit von Bürgerinnen und Bürgern mit der Verwaltung kann in zwei Bereiche eingeteilt werden: Einerseits in Verhaltensweisen, welche dem Anliegen nützen und andererseits in Verhaltensweisen welche ihm schaden. In dieser Betrachtung befasse ich mich ausschließlich mit dem zweiten Bereich udn hier insbesondere mit aggressivem Verhalten. Es sind jedoch, und das vorrneweg, Fehlannahmen, davon auszugehen, dass es bei Menschen einen Aggressionstrieb gibt, und dass darüber hinaus verschiedene Aggressionsarten dieselben Ursache haben beziehungsweise haben könnten.
Wissenschaftlich betrachtet ist festzustellen, dass Aggressivität die absichtliche Herbeiführung von aversiven Stimulationen ist. Dies kann eine absichtliche Beschädigung von Gegenständen sein oder von Personen, bei letzterem auch von deren Ansehen oder Ruf. Als Konsequenz aggressiven Verhaltens gegenüber Menschen kann also auch eine Schmähung oder Kränkungen angesehen werden.
Im sog. Phasenmodell der Eskalation nach Friedrich Glasl (zur Analyse von Konflikten zwecks angemessener Reaktionen hierauf) sind neun identifizierbare Eskalationsstufen beschreiben – unterteilt in jeweils drei Hauptebenen mit jeweils drei abgestuften Phasen. Ganz bewusst stellt Glasl die aggressive Eskalation nicht als aufsteigende Leiter dar, sondern deffiniert sie als Abstieg, „weil der Weg der Eskalation mit einer gewissen zwingenden Kraft in Regionen führt, die grosse, untermenschliche Energien aufrufen, die sich jedoch auf die Dauer der menschlichen Steuerung und Beherrschung entziehen.“
In der ersten Hauptebene können beide Seiten (in unserer Betrachtung Bürger und Verwaltung) immer noch gemeinsam gewinnen. In der zweiten Hauptebene verliert eine Seite, während die andere gewinnt und in der letzten Hauptebene verlieren beide Seiten. Alle drei Hauptebenen sind durch sogenannte Schwellen voneinander getrennt, deren (Be-)Achtung eine kooperative Lösung auf der Sachebene ermöglicht, wobei das Respektieren der zweiten Schwelle mit sich bringt, dass moralisch-ethische Skrupeln noch vor weiteren Eskalationen schützen.
Aggressives Verhalten ist nicht einheitlich bestimmbar, was auch mit sich bringt, dass derselbe Mensch in verschiedenen Situationen vollkommen unterschiedlich reagieren kann. Stets wird die Reaktion aber durch vergangene Erlebnisse beeinflusst. Nimmt man beispielsweise Wutanfälle von Kindern, so können diese u.a. durch Nichtbeachtung ihre Erledigung finden. Andererseits wird aggressives Verhalten durch Kinder auch visuell wahrgenommen und erlernt, wobei selbst eine kurzzeitige Beobachtung zu einer Speicherung im Gedächtnis führen kann, welche selbst nach Monaten wieder abrufbar ist, wenn dem Kind die beobachteten Konsequenzen (oder Nicht-Konsequenzen) für den Aggressor klar werden.
Wieder zürück zum Verwaltungsalltag: hier erlebt man als Beschäftigte/r gelegentlich das beschriebene aggressive Verhalten – egal ob die erstrebte Leistzung anders ausfällt, als erhofft, eine rechtliche Maßnahme auf Unverständnis stößt oder einfach Frust über den Staat kompensiert wird („ACAB“). Der souverän damit umgehen lernt, der kann deeskalieren oder zumindest aso agieren, dass sich das Erlebte nicht nachhaltig auf die Psyche auswirkt. Hier einige Tipps:
Erhöhen Sie zuerst Ihre Sensibilität gegenüber aggressivem Verhalten. Listen Sie hierzu für sich spontan auf, welche Verhaltensweisen Sie als grob, aggressiv und/oder unhöflich bezeichnen. Ergänzen Sie diese Liste regelmässig, um immer besser erkennen zu können, wann Sie aggressivem Verhalten ausgesetzt sind und um sich Gedanken zu machen, wie Sie persönlich Boshaftigkeir oder Unhöflichkeiten entgegentreten möchten. Ganz wichtig dabei: In verbalen auseinandersatzungen kommt es nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch, wie man sich ausdrückt. Fokussieren Sie deshalb das Verhalten Ihres Gegenüber – nicht den Inhalt dessen, was gesprochen wird. Wechseln Sie also (wie z.B. auch beim Konfliktmanagement) von der Sachebene auf die persönliche Ebene, ohne aber die andere Person anzugreifen; ermöglichen Sie es ihr dadurch, innezuhalten und so das aggressive Verhalten zu stoppen.
Sprechen Sie dafür Personenaus der Ich-Perspektive direkt an und berichten sie, wie Sie deren Verhalten erleben. Vieleicht in dieser Form: „Unser Gespräch hat für mich gerade eben eine emotionale Wendung erfahren und ich erleben Sie als wütend und aggressiv, was ich jetzt nicht nachvollziehen kann.“ Dann lassen Sie sich erläuteren, was Ihr Gegenüber in Rage gebracht hat.
Ebenso essentiell: sich klipp und klar auszudrücken, welches Verhalten aus Ihrer SIcht nicht länger toleriert werden kann. Kommunizieren Sie Ihre Grenzen, etwa wie folgt: „Gerne diskutiere ich das aus, aber erst dann, wenn man mir mit einen respektvollen, höflichen Tonfall entgegentritt.“
Marshall B. Rosenberg fasste, als er in den 1940er Jahren das Prinzip der Gewaltfreien Kommunikation entwickelte, folgende Faustformel: Wenn ich etwas (A) beobachte, dann (B) fühle ich, was ich (C) brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne (D) folgende Bitte äußern.NAch Rosenberg wird Gewaltfreie Kommunikation erst dann kompliziert, wenn Menschen diese ihnen eigentlich bekannten Regeln außer Acht lassen. Und so belegen verschiedene Studien, dass ein Training für Gewaltfreie Kommunikation das Einfühlungsvermögen stärken kann – nach Rosenberg die wohl wichtigste Kompetenz zur Lösung von Konflikten. Denn nur wer fähig sei, die Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten des Gegenübers wahrzunehmen, könne auch ein Nein akzeptieren oder ein Streitgespräch respektvoll führen.
Geschrieben von und © 2017 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining