„Erfolgreiche Arbeit entsteht dadurch, dass man sich auf das konzentriert, was man wirklich mag und worin man gut ist.“ (Bill Gates)
Es ist noch gar nicht so lange her, da galt für die Verwaltungsarbeit in Deutschland West wie Ost in Punkto „Qualität“ das Neanderthal-Prinzip „Wenn etwas nicht passt, dann benutze man einen stärkeren Hammer.“ Grenzwertige Arbeitsergebnisse wurden also eher rabiat verbessert, ohne am Problemumfeld, das zum Ergebnis führte, irgendetwas zu ändern. Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends hat sich hier jedoch einiges zum Positiven bewegt. Immer öfter geht man den richtigen Weg und hinterfragt die Ursachen für vorhandene oder sich ergebende Probleme. Insgesamt ist aber erkennbar: Die Gründe, welche für eine gute oder eben eine schlechte Qualität der Verwaltungsarbeit massgeblich zeichnen, sind im wesentlichen immer die gleichen.
Der amerikanische Unternehmens- und Verwaltungsberater Philip B. Crosby hat mit den Konzeptionen seiner „QUALITÄT…“-Buchreihe (u.a. „Qualität bringt Gewinn“ | „Qualitätsmanagement“ |“Qualität ist machbar“) bereits Betrieben wie Verwaltungen zu besseren Qualitätsstandarts verholfen. Die systematische Zusammenfassung seiner Methode nutzen auch CBQ und ich im Verwaltungstraining beim Qualitätausbau in Richtung einer besseren und effektiveren Verwaltungsarbeit. Vor allem über Personal-Entwicklungsmaßnahmen und die Festlegung des zu erreichenden Leistungsstandarts des „Dienstleistungs- und Servicebetriebes Verwaltung“ werbe ich seit Jahren um Verständnis für die Optimierung von Verwaltungsarbeit und habe Crosbys Erkenntnisse an die Verwaltungsarbeit angepasst.
Philip B. Crosby unterteilt die zu erreichende Qualität in sechs gleichgewichtete Parameter, die zu definieren seien. Erstens fragt er: Was müssen die Führungskräfte tun, um den Mitarbeitenden zu zeigen, dass es ihnen ernst ist mit der Qualität der Verwaltungsarbeit ist?. Zweitens geht es um Personal-Entwicklung und die Frage „Was muss in einer bestimmten Struktur wer wissen und wie erfährt er es?“. Dritte Frage: „Was will die Verwaltung überhaupt?“ gefolgt von der Fragestellung „Nach welchem System möchte man überhaupt eine bestimmte Qualität erreichen?“. Fünftens folgt die Definition „Was ist der / Was ist ‚unser‘ Leistungsstandard?“ und abschließend die Problematik: „Welche Handlungen sind notwendig, damit die zu erreichende Qualität zu einer Selbstverständlichkeit wird?“.
Da die Aufgaben der Verwaltung aber vielschichtig als diese Fragestellungen sind, empfiehlt es sich im Verwaltungstraining, Anhaltspunkte zu geben, die allgemein anwendbar sind. Und zwar sowohl in der kreativen wie auch den pragmatischen Bereichen der Verwaltung.
Als erstes muss man nach Crosbys Auffassung feststellen, ob Grund zur Unzufriedenheit mit dem Ergebnis der Arbeit eines bestimmten Bereiches der Verwaltung besteht oder nicht. Und zwar innerhalb der Struktur als auch in Form von Befragungen von Bürgerinnen und Bürgern bzw. Klienten. Gibt es Gründe für Unzufriedenheit, dann weist die abgelieferte Dienstleistung oder das Arbeitsprodukt in der Regel Abweichungen vom erwarteten, angekündigten oder versprochenen Ergebnis auf. Man spricht dann von einer sog. „Qualitätsstörung“, die sich in sechs Grund-Fallgruppen einteilen lässt:
A = Entweder hat der/haben die Leitenden versäumt einen eindeutigen Arbeitsstandart für alle Mitarbeiter festzulegen, sodaß es jedem Mitarbeiter überlassen bleibt, seinen eigenen Standart zu entwickeln…
B = …oder der Mitarbeiter hat fehlerhaft gearbeitet.
C = Es kann aber auch sein, daß der Leitende seine Verantwortung für die Qualitätsstörung von sich weist.
D = Der Grund für den Qualitätsmangel ist „Streß“.
E = Ein weiterer Grund für eine Qualtitätsstörung könnte das Argument darstellen: „Diese Qualität ist weder personell erreichbar noch ausfinanzierbar.“
F = Abschließend ist es auch denkbar, daß die Arbeitsbedingungen in der Verwaltung einfach ’nicht stimmen‘.
Andererseits bestimmen folgende „Vier Gebote“ die Qualität von Verwaltungsarbeit:
Gebot 1: QUALITÄT IST DIE ERFÜLLUNG VON BESTIMMTEN GRUNDANFORDERUNGEN UND NICHT EIN ERGEBNIS ABSTRAKT DEFINIERTEN „GUTEN ARBEIT“
Gebot 2: QUALITÄT KANN NUR DURCH VORBEREITUNG UND VORBEUGUNG ERREICHT WERDEN, NICHT DURCH NACHBESSERUNG
Gebot 3: DER ANSPRUCH MUSS SEIN, DAS DER ARBEITSSTANDART IMMER „TOP“ IST UND EIN „DAS TUT’S AUCH“ OBSOLET WIRD
Gebot 4: MAXIME FÜR DIE QUALITÄT DER BERWALTUNGSARBEIT SIND NICHT QUALITÄTS-„ERFOLGE“ SONDERN „DIE FOLGEN“ VON QUALITÄTSSTÖRUNGEN, DIE ZU VERBESSERUNGEN FÜHREN MÜSSEN
Ich kann berichten: Öffentliche Verwaltungen und Qualitätskontrolle sind noch kein wirkliches Liebespaar – eher eine Bedarfsgemeinschaft. Das hört man im Rahmen von Verwaltungstrainings an Äußerungen wie „Das Erreichen von mehr Qualität kostet mehr Geld und das haben wir nicht.“ oder „Es ist unmöglich, von den Mitarbeitenden zu verlangen, dass sie alles von vornherein richtig machen.“ Gern wird auch argumentiert, dass manchen Beschäftigten noch „alte Denkschablonen“ anhaften und mit „denen“ ein Mehr an Qualität einfach nicht zu realisieren sei. Und ich gebe auch zu, dass ich es schon persönlich erleben durfte, dass man /frau wirklich versucht, die tägliche Arbeit qualitativ zu verbessern, dann aber von höherer Stelle konstatiert wurde, dass Kürzungen im Haushaltsplan dies wohl verhindern würden und es wird zu allem Überfluss auch noch veranlasst, die Budgets für Personal-Entwicklung als erste zu senken.
Dies sind aber kurzsichtige Maßnahmen und haben zur Folge, daß mittelfristig die Qualitätsmängel dann mehr Geld kosten als die Einsparungen. Dies führt aber wiederum zu einer eher passiven Haltung der hierfür Verantwortlichen, denn keine gibt gerne seine Fehler zu. Daß ich den direkten Weg gewählt habe und trotz des Eingeständnisses, die eingetretene Entwicklung sei mein Fehler gewesen, die Qualität verbessern konnte spricht dann doch für das offensive Herangehen an die Qualitätsprobleme.
Kurzum: Man kommt an einer höheren Qualität der Verwaltungsarbeit nicht vorbei – alles andere läßt sich nur mit fehlender Geduld und nicht genügend durchdachten Folgen des Handelns erklären. Auch scheitert die Erhöhung der Verwaltungsqualität oft an falsch verstandenen Konzepten. Manche Konzepte hören sich simpel an, sodaß viele einfach mit ihnen anfangen ohne sie zu durchdenken und ohne sich darüber im klaren zu sein, daß sie damit genau die Vorstellungen von Verwaltungsarbeit weitervermitteln, die Probleme herbeigeführt haben
Es kann Ihnen aber auch passieren, dass Sie alles oder zumindest vieles versuchen um eine neue Qualität der Verwaltungsarbeit zu erreichen – und es scheint, als wenn sich trotzdem nichts bewegen würde. Könnte es dann vielleicht sein, dass Sie Crosbys (unausgesprochenes) fünftes Gebot für die Qualität der Verwaltungsarbeit übersehen haben? Es ist die Entwicklung motivierter und sachkundiger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
[Lesen Sie HIER Teil 2 des Artikels!]
Geschrieben von und © 1994, überarbeitet 2021, für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining