„Wenn ich ein Bild mache, entwerfe ich ein neues Ornament. Um aufzuregen, damit im Kopf wieder etwas stattfindet. Um den müden Augen neue Wege zu zeigen.“ (Georg Baselitz)
Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, was im Alltag geht und was nicht, wo Abläufe scheinbar unverändert weiterlaufen und wo zwingender Handlungs- und Veränderungsbedarf besteht. So ist es beispielsweise an vielen Stellen nicht zwingend nötig, täglich ins Büro zu gehen. Wenn jedoch BürgerInnen Online-Termine vereinbaren, dann kann man diese nicht wochenlang nach der schnellen Buchung auf die Vorsprache warten lassen. Die sog. „neue Normalität“ hat aber auch einiges andere hervorgebracht, was in Verwaltungen früher undenkbar schien. Hier gilt es nun das Beste zu erkennen und auf Zukunftsperspektiven hin zu prüfen.
Unbetreitbar ist: Die Pandemie sorgte für den größten Digitalisierungsschub aller Zeiten. Mehr als 40 Millionen Menschen stellten in der Bundesrepublik ihren Alltag um auf Homeoffice, Homeschooling oder Home-Entertainment. Die Datennutzung stieg so rasant an, dass Anbieter wie die Telekom, Vodaphone oder O2 die Datenpakete kaum noch „liefern“ konnten, bargeldloses Zahlen wurde zu einer Selbstverständlichkeit, Serien-Streaing zum Kinoersatz. Hierbei traten aber auch klar die Grenzen des Online-Booms zutage.
Beispielsweise entschieden Zufall oder Glück darüber, ob Kinder und Jugendliche von digital versierten Lehrkräften unterrichtet wurden oder nicht. Die Vision des Staates ging meilenweit ihrer Umsetzung voraus und es gab keine Strategie, wie der Abstand verkleinert werden sollte. Eine „glatte 6“ ist die Note dafür, dass gerade einmal 7 Prozent der Schulkinder im ersten halbjahr 2020 täglich digitalen Unterricht hatten; nur ein Drittel der Lehrkräfte gab an, in der Zeit des Distanzlernens alle ihre Schülerinnen und Schüler erreicht zu haben. In der Polizeiarbeit gab es die Herausforderung: Wie verhaftet man jemanden, ganz ohne Körperkontakt? Hierbei lag es an den BeamtInnen selbst, die Interessen des Staates gegen das Risiko einer persönlichen Ansteckung abzuwägen oder zu entscheiden, ob man den vom Arbeitgeber gestellten Mundschutz mit Landeswappen trägt oder einen eigenen.
Und das Videokonferenzen nie zu einem echten Ideenfeuer werden, wurde schnell klar – ebenso, dass ein Smiley im Team-Chat ein Schulterklopfen nicht ersetzen kann. Und Applaus ist für Menschen in systemrelevanten Berufen kein Ersatz für schlechte Arbeitsbedingungen oder mangelnde Bezahlung. Der soziale Kontakt fehlt und ist Menschen nicht virtuell vermittelbar, denn direkter Kontakt bedeutet auch ein Korrektiv. Dafür sorgte die Isolation in den eigenen vier Wänden für einen Anstieg der Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt.
Es gilt also genau zu betrachten was sich als gut herausgestellt hat, man muss den Bürgerinnen und Bürgen zuhören, wie diese das Ganze sehen. Der Arbeitsplatz in der Verwaltung der Zukunft muss auf Flexibilität gebaut sein, bei dem den Mitarbeitenden Beratung und Abläufe digital zur Verfügung stehen. Natürlich hat Corona die gesamte öffentliche Verwaltung kalt erwischt. Die Pandemie hat jedoch zugleich die Chance gegeben, nicht bloß ein „Neues Normal“ zu akzeptieren, sondern eine neue Entwicklung zu schaffen. Die Digitalisierung muss den Menschen dienen, nicht umgekehrt.
Packen wir die Zukunft der Verwaltung mutig an!
Geschrieben und © 2021 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining