INNERE KÜNDIGUNG | Strategien für den Arbeitsalltag (1)

„Es gibt zwei Möglichkeiten, gut zu sein: Entweder man leistet wirklich etwas oder man behauptet, etwas zu leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei weitem nicht so groß.“ (Danny Kaye)

In meiner Erzählung über Herrn Schmitt war von einigen Dingen die Rede, die man / frau bestimmt auch schon so oder leicht verändert erlebt hat. Darin ging es kurz um das, was man im Verwaltungsjargon „vor sich hindiensten“ nennt – die Behördenkrankheit: Schmitti mag weder seine Arbeit noch die Bürger, die etwas von ihm wollen (er nennt sie despektierlich „Leute“) und schon gar nicht seine Kolle­gen. Es ging auch um den Fakt, dass Herr Schmitt Anfang 50 sei und, daß er es bis zu seinem Ruhe­stand nicht mehr viel weiter nach oben bringen wird, jedoch bereits so lange im Dienst ist, dass keiner mehr an seinem Stuhl sägen kann. Erschreckend ist: das Gleiche gilt lei­der gelegentlich auch für manche VerwaltungsmitarbeiterInnen um die 30.

Man nennt ein solches Verhalten auch die „innere Kündigung“. Prof. Dr. Rein­hard Höhn hat sie in seinem Buch „Die innere Kündigung in der öffentlichen Verwaltung: Ursachen – Folgen – Gegenmassnahmen“ bereits 1989 treffend beschrieben. Er definiert sie als den bewußten Verzicht auf Engagement und Einsatzbereitschaft im Bezug auf die zu leistende Arbeit und damit den Vezicht auf die wichtigste Anforderung welche die neuen Verwaltung an ihre Mitarbeiter stellt. Unterschiede zeigt Höhn dabei sowohl zwischen Ange­stellten und Beamten als auch zwischen Mitarbeitern und Führungskräften auf. Die innere Kündigung eines Verwaltungsbeamten äußert sich nach sei­nen Feststellungen darin, dass dieser zwar beabsichtigt, seine Stellung und seine Rechte zu be­halten, aber andererseits die Distanz zum Behördengesche­hen durch „Dienst nach Vorschrift“ wahrt. Ihm kommt hierbei entgegen, dass er einen sicheren Ar­beitsplatz hat; andererseits ist er dem Beamtengesetz nach verpflichtet, seine Fähig­kei­ten und seine volle Arbeitskraft in seine Tätigkeit einzubringen.

Mit Ausnahme der prinzipiell höheren Sicherheit des Arbeitsplatzes des Beamten verhält es sich beim Angestell­ten ähnlich, sodass die weiteren Feststellungen Höhns zur „inneren Kündigung“ durchaus für Ange­stellte und Beamte gleichermaßen Gültigkeit haben. Und zwar:

– der / die Beschäftigte hält sich strikt an die Regelarbeitszeit und opfert seiner Verwaltungsarbeit keine Minute darüber hinaus. Dafür erledigt er / sie während der Arbeitszeit viele Privatangelegenheiten

– die täglich anfallenden Routinearbeiten werden mit möglichst geringem Aufwand erledigt. Was selbst auf diese Weise nicht geschafft werden kann, wird liegengelassen

– nicht kontrollierbare Freiräume und/oder dienstliche Ressourcen werden während der Dienstzeit für persönliche Interessen (aus)genutzt. Wenn jemand das Zimmer betritt, wird weitergearbeitet

– Während sie / er früher vielleicht zu denjenigen gehörte, die auch in typischen Grippe-Jahreszeiten nicht krank wurden, „entsteht“ bei ihm / ihr nun regelmäßig eine Krankheit, wenn irgendwo jemand hustet oder niest. Hierbei interessiert es diese MitarbeiterInnen herzlich wenig, wer in seiner Abwesenheit die Arbeit erledigt, denn „SIE“ sind ja schließlich krank

Nach Angaben des statistischen Bundesamtes waren zu Beginn der 1990er Jahre über sechs Millionen Menschen in der westdeutschen öffentlichen Verwaltung be­schäf­tigt. Der Schaden durch die innere Kündigung in dieser Gemeinschaft kann bei Zugundelage eines angenommenen Lei­stungs­ausfalls von 20 % mit der Arbeitskraft von knapp einer Mil­lion Beschäftigten angenommen werden. Natürlich gibt es eine „innere Kündigung“ auch in der freien Wirtschaft, aber in der öffentlichen Verwaltung gehen öf­fentliche Mit­tel verloren, was aus Bürgersicht schwerer wiegen dürfte. Das Phänomen „Innere Kündi­gung“ in der Verwaltung muss daher sehr ernst genommen wer­den, weshalb Führungskräfte das Verhalten ihrer MitarbeiterInnen immer wieder dahinge­hend überprüfen sollten, ob diese Symptome der Behördenkrankheit zeigen und das ernstnehmen.

Doch nicht nur unter Kollegen, die ‚vor sich hindiensten‘ haben Verwaltungsmitarbei­terInnen ebenso zu leiden wie Bürgerinnen und Bürger. Auch mit Verantwortungsträgern, die innerlich gekündigt haben, sehen sie sich konfrontiert und müssen sich mit diesen auseinander­setzen. – Darüber mehr im nächsten Beitrag!

Geschrieben von und © 1993 – 1995 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining

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