Rainer W. Sauer ist seit 1975 in und mit der Verwaltung tätig. Er zählt zu den erfahrensten Verwaltungstrainern in Deutschland und ist zudem Team- und Individual-Coach. Sauer arbeitet auch als Radiomoderator, Vortrags- bzw. Keynote-Redner, entwickelt mit seinem Team Trainingsmodelle und hat 2020 CBQ Verwaltungstraining gegründet, um Führungskräfte wie Mitarbeitende der Öffentlichen Verwaltung optimal zu trainieren bzw. zu coachen. /// Anhand vielfältiger Praxisbeispiele hilft er in diesem Blog Verwaltungen dabei, Optionen zu entwickeln und diese dann in praxisorientierte Ergebnisse zu wandeln, eigene Stärken auszubauen und sinnvoll zu handeln. Dabei regt er an, keine Ausreden gelten zu lassen, Eigenverantwortung zu übernehmen und lateral zu denken. /// Sein Charisma ist auch über den Äther und im Netz zu erleben: Anfang der 2000er Jahre wurde Rainer W. Sauer für seine Radiosendungen mit mehreren Hörfunkpreisen ausgezeichnet.
„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.“ (Victor Hugo)
[Auszug aus dem Vortrag „Die Gestaltung von Raum und Zeit: Zukunftsbilder der Verwaltung“ von Rainer W. Sauer, gehalten im Landesfachausschuss Innen der FDP Thüringen]
(…) Oft wird ausschließlich über die Herausforderungen in der Digitalisierung der Prozesse in öffentlichen Verwaltungen gesprochen, doch an konstruktiven Lösungsansätzen viel größerer Herausforderungen mangelt es bisher. Die Frage, ob eine Verwaltung beim Bund, den Ländern oder in Städten und Gemeinden 2035 noch so arbeiten kann, wie es zum Ende des 20. Jahrhunderts der Fall war, ist mit einem klaren NEIN zu beantworten.
Spätestens in 15 Jahren muss sie ganzheitlich bürger- und bürgerinnenfreundlich und nahezu medienbruchfrei sein, d.h. dass die gesamte Kommunikation mit ihr, angefangen bei der Antragstellung über elektronische Vorsprachen und Bescheiderteilung bis hin zur Bezahlung kostenpflichtiger Leistungen grundsätzlich online möglich ist. Ebenso unkompliziert wie intuitiv nutzbar werden 2035 Dienstleistungen angeboten werden und die Verwaltungen müssen umweltachtend und nachhaltig agieren. Doch das sind nur einige der Herausforderungen, denen sich alle bundesdeutschen Verwaltungen, Landes- oder Bundesbehörden stellen müssen.
Darüber hinaus sind drei ganz wesentliche Fragen zu beantworten: 1.) Wie nimmt man die Beschäftigten hierbei mit? 2.) Wie führt man externe Fachkräfte an die notwendigen Prozessautomatisierungen heran? 3.) Wie muss ein für die Generation Z – also die ab 1996 geborenen jungen Menschen – zugeschnittenes Ausbildungsangebot aussehen, damit sich diese für einen Arbeitsplatz in der öffentlichen Verwaltung entscheiden? Traditionelle Herangehensweisen sind hier zum Scheitern verurteilt.
Letztlich haben sich alle öffentlichen Verwaltungen auch noch der Frage zu stellen: Wer setzt wo und wann die zukünftigen Projekte um und dies gleichzeitig unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben? CBQ Verwaltungstraining stellt in diesem Gesamtzusammenhang Lösungen vor, die es so in Deutschland bisher noch nicht gab und zeigt Möglichkeiten auf, wie es Verwaltungen möglich wird, neue Herausforderungen zu handhaben und die damit verbundenen komplexen Abläufe für alle Bürgerinnen und Bürger und zugleich die Mitarbeitenden verständlich zu machen. – Denn auch Transparenz ist ein Schlüssel zum Erfolg.
Unter dem Titel „Kommunen der Zukunft – Zukunft der Kommunen“ kommt beispielsweise eine Studie des Berliner Instituts für den öffentlichen Sektor e.V. bereits 2016 zu dem Schluss, dass eine Wiederbelebung der kommunalen Handlungsfähigkeit möglich ist, jedoch hierfür zunächst eine hohe kommunale Gestaltungsfreiheit notwendig sei. Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden müsse zuerst durch ausreichende Ressourcenausstattung und gleichzeitige Stärkung der Eigenverantwortlichkeit wiederbelebt werden, so die initiatoren der Studie. Zwar gehe aus den Befragungen hervor, dass Kommunen im föderalen System offenbar gar nicht ein Mehr an Aufgaben übernehmen wollten, was vor allem der Angst geschuldet sein könnte, dass damit höhere finanzielle Lasten ohne entsprechende Kompensation – wie sie gemäß Konnexitätsprinzip notwendig wäre – auf sie zukommen würden. Daher liegt es hier in erster Linie an Bund wie Ländern, einen regulatorischen und finanziellen Rahmen zu schaffen, in dem die Städte und Gemeinden wieder verstärkt auf individuelle Weise und angepasst an ihre Situation handlungsfähig gemacht werden. Erst dann können Verwaltungstraining, Beratung und Qualitätsausbau greifen.

Der Philosoph Markus Wirtz sagt, Zukunft sei ein Zeit-Raum offener Möglichkeiten, auf den wir zukommen und der auf uns zukommt. Niemand kann exakt voraussagen, wie die Welt in 15 Jahren aussehen wird. Und für jemanden, der wie ich noch im letzten Millennium aufgewachsen ist, sieht die Zahl 2035 tatsächlich unfassbar futuristisch aus. Genau deshalb – und das ist das Aufregende daran – ist die Gestaltung dieses Zeit-Raums das erklärte Ziel von Verwaltungstrainern, als denjenigen, die einer Mannschaft – die Ihrer Mannschaft – dabei helfen, fit zu werden für die anstehenden Aufgaben. Mindestens aber fit zu sein, mitzuspielen um die Gunst der Bürger und sogar, wenn alles klappt, zum einem Vorbild für andere Institutionen zu werden. (…)
Einer der wichtigsten Antreiber künftiger Entwicklungen der öffentlichen Verwaltungen in Deutschland werden laut Zukunftsforscher Sven Gábor Jánsky, Leiter eines Thinktanks in Leipzig, Echtzeitdaten sein, also auf breiter Ebene vorhandene Fakten, die, sobald sie generiert wurden, erkannt und genutzt werden können. Ein Beispiel: Wer sogenannte „umweltorientierte Daten“ besitzt, kann anhand dieser sensitiven Messwerte schnell und unkompliziert Erkenntnisse gewinnen, die von einer ebenso nachhaltigen wie verkehrsoptimierten Streckenführung für Fahrzeuge, beispielsweise um Staus zu vermeiden, bis hin zur Beeinflussung des Kommunalen Klimaschutzmanagement genutzt werden können. Dabei müssen noch nicht einmal die sog. menschlichen Ressourcen zur Auswertung genutzt werden, sondern eine KI kann dies übernehmen und der Verwaltung Vorschläge erarbeiten. Für seine Wahrscheinlichkeitsprognosen befragt Jánskys Institut jährlich 1.500 Experten weltweit – Menschen, die mit ihren Entscheidungen die Zukunft mehr beeinflussen als andere, wie er betont. Das können seinen Angaben nach Entwicklungschefs in den USA ebenso sein wie Gründer eines Start-ups in China.
Viele Herausforderungen der kommunalen wie föderalen Verwaltungen sind lange bekannt, jedoch zeigt der Stand bisheriger Reformansätze in den zentralen Handlungsbereichen, angefangen bei der Bürgerbeteiligung über Electronic Government und Haushaltsmodernisierung bis hin zu Personal und Führung, Anfang der 2020er Jahre teilweise gravierende Defizite zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf. Um mit Seneca einen der populärsten Philosophen zu Beginn unserer Zeitrechnung zu zitieren, hängt derjenige von der Zukunft ab, der mit der Gegenwart nichts anzufangen weiß. Reformerfahrungen aus der Perspektive des Bundes, der Länder wie der Städte und Gemeinden müssen daher gebündelt einer systematischen Bestandsaufnahme unterzogen werden, damit die jeweils erfolgversprechendsten Optionen der Verwaltungsmodernisierung vermittelt werden können.

Es ist zudem kein Geheimnis, dass die bundesdeutschen Kommunen in den vergangenen Jahren verstärkt zu „Dienstmägden“ – sprich: Erfüllungspersonal – der Bundes- wie Länderpolitik mutiert sind, wobei es zu Verdruss führt, dass sie in vielen Fällen alleine die Folgen von Entscheidungen zu tragen haben, die auf einer höheren Ebene (föderal, staatlich, europäisch) getroffen wurden, und sich dadurch auch noch mit dem Unmut der Bürgerinnen und Bürger auseinanderzusetzen haben. Als aktuelle Beispiele dürfen die Flüchtlingspolitik oder die Abschaffung der Straßenausbaubeitragserhebung in einigen Bundesländern gesehen werden.
(…) Was Deutschland braucht ist ein neues kommunales Selbstverständnis, durchaus mit dem Mut sich gegen Restriktionen von höherer Stelle zur Wehe zu setzen, wie beispielsweise Modelle zu Gebietsreformen, die zu immer größeren räumlichen Strukturen führen sollen. Städte, Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften müssen dabei aber eine klare Rollenbeschreibung für ihr (Über)Leben in einer immer digitaleren Welt erhalten oder selbst finden. Denn Kommunale Daseinsvorsorge muss letztlich immmer auch durch die temporär Beteiligten – sprich: die Bürgerinnen und Bürger – mitbestimmt und getragen werden.
Es ist also höchste Zeit, dass sich die öffentlichen Verwaltungen des Themas Verwaltungstraining annehmen. Externes Training und Coaching hilft den öffentlichen Verwaltungen dabei aber nur vordergründig. Im Hintergrund müssen Beratungsleistungen und Qualitätsausbau stehen, um die genannten Herausforderungen möglichst effizient anzugehen. Das kostet Geld, aber es ist eine der sinnvollsten Investitionen in die Zukunft der Verwaltung. Einer Verwaltung deren behördliche Tätigkeit, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist, in und für unsere Gesellschaft auch zukünftig unverzichtbar ist, die sich aber zugleich so, wie in der Vergangenheit nicht mehr führen lässt. Oder wie es im Text des Liedes „Jede Stunde“ von KARAT heißt: „Die Zeit, sie wartet nicht„.
[Lesen Sie HIER Teil 2 des Artikels]
Hinweis: Im Januar 2022 startet CBQ blue sein Onlineportal ZUKUNFTS.INFO, das über aktuelle Entwicklungen, Innovationen, neue Wege des Verwaltungsumbaus sowie über Verwaltungstraining, Coaching und Zukunftsbilder der öffentlichen Verwaltung informiert.
Geschrieben von und © 2020 für Rainer W. Sauer / CBQ Verwaltungstraining