MÄNNER VERSTEHEN, FRAUEN VERSTEHEN | Er denkt wie ein WLAN-Router, sie wie ein Virenscanner

Im Rahmen eines Beziehungscoachings sagte ein Klientich nenne ihn hier Peter, obwohl sein Name ein anderer wareinmal zu mir: „Seit fünf Jahren bin ich mit Simra zusammen. Eigentlich läuft unsere Partnerschaft super: Wir reisen zusammmen, lachen viel gemeinsam, wir haben es schön. Aber – und das ist ein großes Aber – immer wieder kracht es zwischen uns wegen Kleinigkeiten.

Ich bin eher so der entspannte Typ: Wenn’s passt, passt’s. Ich will Harmonie, ich genieße das Leben. Die Tochter geht zur Uni und ich finanziere ihr Studium und Wohnung, denn Geld ist genug da. Simra dagegen hat ein Radar für alles, was man noch verbessern könnte – ordentlicher, strukturierter, disziplinierter. Ihr geht die Finanzierung des Studiums total gegen den Strich und das ist oft Thema bei uns – nicht weil wir das Geld in unserer Beziehung bräuchten, sondern, weil sie der Meinung ist, dass meine Tochter so nicht lernen würde, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie selbst hatte wohl keinen Vater wir ich es bin, sondern eher einen strengen, aber ich nehme ihr dadurch ja nichts weg und sie sagt auch, dass sie mich durchaus als liebevollen Vater bewundert.

Neulich habe ich etwas entschieden, was für mich völlig selbstverständlich war. Ich war sogar richtig glücklich damit, hatte mein Büro neu umgestaltet. Aber kaum erfährt sie es – zack, Vorwurf: Ich hätte sie vorher um ihre Meinung fragen müssen. Aber das kann doch nicht sein, dass ich jede Kleinigkeit in meinem Leben durch die ‚Simra-Behörde‘ prüfen lassen muss? Selbstredend stimmen wir Dinge in unserer Beziehung stets miteinander ab, aber weshalb will sie in der Vater/Tochter-Beziehung oder der Bürogestaltung mitbestimmen? Es verletzt mich, dass sie meine Entscheidungen immer wieder anzweifelt. Sie sagt zwar, sie bewundert meine lockere, liebevolle Art – aber gleichzeitig kritisiert sie genau das. Ich frage mich, ob ich mit diesem Dauerkonflikt weiter in dieser Beziehung leben möchte, obwohl wir uns sehr lieben. Wo hört mein Bereich auf, wo fängt unser Bereich an? Und wie gehe ich mit diesem ständigen Pingpong aus Nähe und Kritik um?“

Darauf sagte ich ihm: „Wissen Sie, Sie beschreiben da einen Klassiker. Es ist fast wie ein Theaterstück, das in vielen Beziehungen immer wieder neu aufgeführt wird – übrigens mit wechselnden Rollen. Da gibt es den einen Teil, der sagt: ‚Ach komm, wir nehmen’s locker, das Leben ist schon hart genug.‘ Und den anderen, der denkt: ‚Locker? Wenn ich nicht aufpasse, fliegt uns irgendwann das ganze Konstrukt um die Ohren!‘ Anders gesagt: Sie sind der Typ WLAN-Router = Hauptsache Verbindung, Signal da, alle fühlen sich wohl. Simra ist mehr der Virenscanner = sie prüft, ob in der Angelegenheit nicht ein gefährlicher Fehler schlummert. Probleme entsteht immer dann, wenn der Virenscanner auch in den Router reinfunken will und umgekehrt. Mit anderen Worten: Jeder von Ihnen hat, solange sie eigenständig leben, eigentlich sein eigenes Feld, aber ihre Simra neigt dazu, auch in Ihren Beeten mitzugärtnern – nach ihren eigenen Ansprüchen.

In solchen Situationen hilft ein klares Sortieren in = Bereich A: Sachen, die nur (wie hier geschildert) Peter betreffen. /// Bereich B: Dinge, die beide Partner gleichermaßen angehen. /// Bereich C: Entscheidungen, die allein (wie im Beispiel) Simra betreffen. Trifft Peter also eine Entscheidung, die ihn glücklich macht und Simra in keiner Weise einschränkt, dann ist das ganz klar sein Spielfeld. Dann darf er auch mal freundlich, aber bestimmt sagen: „Danke für Deine Meinung – aber das bleibt mein Ding.“

Meine Vermutung ist: Simra ringt innerlich mit alten Mustern. Vielleicht hat sie früher zu wenig Kontrolle gehabt, vielleicht wurde sie nicht genug gesehen oder wertgeschätzt. Und heute versucht sie, es in der neuen Beziehung auszugleichen. Das ist menschlich – aber Peter ist keineswegs verpflichtet, deshalb ständig auf der Anklagebank zu sitzen. Mein Tipp war: „Drehen Sie den Spieß um. Wenn sie wieder einhakt, fragen Sie: ‚Was genau betrifft Dich daran? Weshalb meinst Du, dass Du da mitentscheiden solltest?‘ So spielt man die Verantwortungskarte zurück zu ihr – und bringt sich selbst aus der Verteidigerrolle.

Am Ende funktioniert doch jede gute Beziehung auf die gleiche Weise: Einer bringt die Wärme, der andere die Struktur. Beide Teile brauchen sich gegenseitig – sonst wäre es ja langweilig. Aber: Jeder Mensch sollte auch sein eigenes Spielfeld behalten dürfen. Und glauben Sie mir: kein Wifi-/WLAN-Router dieser Welt funktioniert gut, wenn ihn der Virenscanner im Hintergrund ständig ausbremst.

Geschrieben von Rainer W. Sauer und © 2025 für BRAIN.EVENTS / CBQ & CBQ blue

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